Handball: Nach der Rückkehr ins Oberhaus konnten die Frauen der Kurpfalz Bären dort bisher nicht richtig Fuß fassen. Auch gegen TuS Metzingen, im sechsten Spiel dieser Saison, blieben die Ketscherinnen ohne Punkte. Es war die höchste Niederlage seit dem Aufstieg. Das lag auch an einer Spielerin, die von Ketsch aus ihren Weg in den Spitzensport fand.

Von Jochen Willner

 
Ketsch. Das hatte sich Adrian Fulladjusch so nicht gedacht. Der Trainer der Kurpfalz Bären hatte sich die Partie gegen den favorisierten TuS Metzingen ganz anders vorgestellt. In den letzten Minuten vor dem Abpfiff saß er in sich gekehrt auf der Bank, sehr nachdenklich. Er wagte dennoch einen Blick auf die Anzeigetafel. Kein schöner Anblick! Dann folgte der Schlusspfiff. Am Ende gingen die Bären, die sich vor 140 Zuschauern nach der starken Partie gegen die SG BBM Bietigheim viel vorgenommen hatten, mit 14:35 (9:18) unter. So hoch haben sie in den letzten beiden Jahren in der Bundesliga nicht verloren.

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Für Fulladjusch war dies auch in doppelter Hinsicht bitter: „Natürlich haben wir uns das sportlich anders vorgestellt.“ Gegen die „Pinkladies“ feierte er nach dem Rauswurf seiner Vorgängerin Katrin Schneider vor genau neun Monaten seinen Einstand – mit einer 24:35-Niederlage. Seit seiner Premiere gab es bisher keine Punkte. Den letzten Sieg feierten die Kurpfalz Bären vor über zwei Jahren. Am 19. Oktober 2019 durften sie zum letzten Mal jubeln, über einen 30:27-Erfolg gegen HSG Bad Wildungen Vipers. Ketsch bleibt also das Schlusslicht der Liga.

„Das war ein Spiel zum Vergessen, das war einfach unterirdisch“, klagte Samira Brand. Die Lehramtsreferendarin für Deutsch und Sport aus Haßloch war nach dem Abpfiff ebenso ratlos: „Wir wissen, dass wir es besser können.“ Die Rückraumspielerin sieht die Schuld nicht beim Trainer. „Wir haben gut trainiert, wir haben auch nach dem Trainerwechsel vieles verändert, neue Impulse gesetzt. Aber die Prozesse dauern an“, bat Brand um Verständnis.

„Die Top-Teams können für uns kein Maßstab sein, wichtig ist mir, dass wir eine Entwicklung nehmen. Die Mannschaft ist intakt, sie kommen alle gerne zum Training, und sie sind mit Begeisterung dabei“, sagte Fulladjusch. Dabei macht er kein Geheimnis daraus, dass von Beginn an klar war, dass es wieder eine ganz schwere Saison werden wird. Dies bestätigte auch Samira Brand. „Wir haben uns einige Spiele vorgenommen, die wir gewinnen müssen, davon haben wir bisher die Partie in Halle verloren.“ Sie und ihre Kolleginnen wollen und werden sich keinesfalls jetzt schon geschlagen geben. In der Partie gegen den deutschen Meister SG BBM Bietigheim habe man lange Paroli bieten können. „Daran müssen und wollen wir anknüpfen“, betonte Brand. Auch Fulladjusch, der kürzlich die A-Trainer-Lizenz erwarb, hat klare Vorstellungen: „Das Auftaktprogramm war sehr schwer. Jetzt müssen wir uns auf die Heimspiele konzentrieren – da können wir punkten.“

Davon war allerdings gegen die „Pinkladies“ nichts zu sehen. Zahlreiche technische Fehler und unnötige Würfe brachten die Ketscherinnen gleich nach dem Anpfiff aus dem Rhythmus. 0:6 hieß es nach zehn, 3:12 nach 20 Minuten. Auch deshalb, weil die Kurpfalz Bären eine Spielerin überhaupt nicht in den Griff bekamen. Es war keine Unbekannte, sondern eine, die einst aus der Südpfalz über den Rhein gewechselt war und dort ihren Weg bis hin zur Nationalspielerin nahm. Ihr Name: Marlene Zapf. Die inzwischen 30 Jahre alte Linkshänderin war an ihrer früheren Wirkungsstätte einfach nicht zu bremsen. „Es ist immer was Besonderes, nach Ketsch zu kommen“, sagte Zapf. Nur eine Spielerin aus gemeinsamen Zeiten ist dort noch am Ball: Sina Michels, die Kreisläufern. Mit fünf Treffern in den ersten 20 Minuten war Zapf, die bisher erfolgreichste pfälzische Nationalspielerin, der Garant, dass die „Pinkladies“ nach der knappen Niederlage gegen TSV Bayer 04 Leverkusen wieder punkten konnten. „Der Sieg war Pflicht, nachdem es bei uns in den letzten Wochen nicht so lief, wie es sein sollte“, sagte Zapf.

Nach 40 Minuten durfte sie sich für die nächsten Aufgaben ausruhen. Neun Würfe nahm sie sich, nur einen Siebenmeter konnte sie nicht verwandeln. Die Pflicht hatte sie getan. Und dann freute sie sich über den mitgebrachten Kuchen ihrer Mutter.

Quelle

Ausgabe

Die Rheinpfalz Mittelhaardter Rundschau - Nr. 243

Datum

Montag, den 19. Oktober 2020

Seite

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